Mit der Media Innovation Masterclass Veränderungsprojekte zum Erfolg bringen
«Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern.» Das klingt stark nach Kalender- oder Teespruch, ist aber eine Weisheit von Konfuzius von 500 v.Chr. Auch Jahrhunderte später prägen Veränderungen mehr denn je unseren Alltag.
Hier noch ein neues Change-Vorhaben. Da noch ein Projekt, welches bereits gestern hätte umgesetzt werden sollen. Es erstaunt nicht, dass immer mehr Menschen über Change-Müdigkeit klagen. Aber es könnte auch anders sein: In vielen Fällen sind es nicht die Veränderungen selbst, die uns ermüden lassen, sondern die Art und Weise, wie diese bislang in Organisationen durchgeführt werden.
Genau aus diesem Grund hat das Journalismus Lab der Landesanstalt für Medien NRW die Media Innovation Masterclass ins Leben gerufen. In fünf Monaten können angestellte Journalist*innen, selbständige Medienschaffende, Corporate Teams sowie Gründer*innen ihre Projekte berufsbegleitend umsetzen.
Das Programm unterstützt die Teilnehmenden dabei, die Entwicklung nachhaltiger Lösungen und Strategien für Herausforderungen in ihren Organisationen zu beschleunigen. Neben Know-How und Austausch zu Themen der digitalen Transformation, erhalten die Teilnehmenden individuelles Feedback zu ihren Projekten und lernen, diese passgenau aufzusetzen, zu strukturieren und zu vermarkten.
Als Coach und Strategieberater konnte ich die Teams und ihre Projekte der ersten Runde der Media Innovation Masterclass begleiten. Dabei sind vor allem folgende acht Herausforderungen bei fast allen Teams als Stolpersteine aufgetaucht, an denen wir gemeinsam im Verlauf der Masterclass arbeiten konnten:
1. Gemeinsam statt allein – aber welche Skills werden benötigt?
2. Nutzer*innen-Zentrierung ja – aber wie?
3. Verliebe dich in dein Problem statt in deine Lösung
4. Erwartungshaltung klären und Stakeholder einbeziehen
5. Bei Ideen ist Quantität wichtiger ist als Qualität
6. Fokussieren und priorisieren: Wie Ideen ausgewählt werden können
7. Iteratives Vorgehen: Wenn laufendes Testen zum Lernprozess führt
8. Jede neue Idee ist auch ein Change-Projekt – aber wie gelingt dies?
1. Gemeinsam statt allein – aber welche Skills werden benötigt?
Egal, ob Neugründung, Produktentwicklung oder Veränderungsprojekt – alle diese Vorhaben haben eines gemeinsam: Allein lassen sie sich meist kaum lösen. Deshalb besteht der erste und fast wichtigste Stolperstein darin, sich zu hinterfragen, welches Wissen und welche Perspektive man selbst nicht abdecken kann.
Es lohnt sich, rund um das eigene Vorhaben ein Netzwerk aus unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven aufzubauen. In Entwicklungsteams ist oft von T-förmigen Skills oder Personen die Rede. Diese Beschreibung bezieht sich auf spezifische Qualitäten, die Mitarbeitende wertvoll machen: T-förmige Personen verfügen über ausgezeichnete Kenntnisse und Fähigkeiten in bestimmten Fachbereichen und sind gleichzeitig gut darin, sich in andere Positionen hineinzuversetzen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Als Vermittler:innen zwischen den Arbeitsbereichen sind solche Personen für eine Organisation wertvoller denn je.
Alina Mielemeier, Hannah Schürkamp und Saskia Huthmacher hatten sich bereits als Team mit ihrer Challenge auf die Masterclass 2023 beworben. Im Verlauf des Prozesses haben die drei Teilnehmerinnen bemerkt, dass die Arbeit an ihrer Challenge – mit der App «Vocca» eine anbieterübergreifende Journalismusplattform aufzubauen – durchaus auch gewisse Rollenklärungen innerhalb des gesamten Projektteams auslöst.
2. Nutzer*innen-Zentrierung ja – aber wie?
Wer in der Medien- und Kommunikationsbranche erfolgreiche Produkte und Angebote lancieren will, muss den Bedürfnissen und Interessen der Nutzer:innen gerecht werden. Das scheint 2023 eigentlich eine Binse zu sein. Dennoch werden die Nutzer:innen-Orientierung bei Entscheidungen oder generell in Entwicklungsprozessen schnell vergessen.
Das liegt häufig an bisher etablierten Vorgehensweisen, Strukturen und politischen Gründe innerhalb der Organisationen. Doch auch bei Neugründungen gilt es, diesen Punkt zu beachten. In der Folge werden Entwicklungen teurer und lösen intern wie extern mehr Frust aus.
Bedürfnisse können sowohl durch eine Analyse von quantitativen Daten (z.B. das Nutzungs- und Suchverhalten von bestehenden Produkten), als auch durch qualitative Befragungen ausfindig gemacht werden. Letzteres eignet sich vor allem, um zugrunde liegende Motivationen und Gründe für ein spezifisches Verhalten von Nutzer:innen aufzuspüren.
Gleich mehrere Projektteams der Masterclass 2023 haben aufgrund von Nutzungs- und Bedürfnisanalysen ihre Projekte überarbeitet. Saskia Salomon und Bettina Leßmann, beide als Mediaberaterinnen für die PFD Pressefunk GmbH tätig, führten sowohl bei Antenne Düsseldorf als auch bei Radio 90.1 eine Umfrage zum Nutzerverhalten der Hörerinnen und Hörer durch. Damit wollten sie Erkenntnisse gewinnen, um die bereits vorhandenen Lokalradio-Apps künftig nutzerzentrierter weiterentwickeln zu können. Sie sind überzeugt: «Die Arbeit in der Masterclass hat dafür gesorgt, dass wir unseren Blick auf das Projekt erweitert haben.»
3. Verliebe dich in dein Problem statt in deine Lösung
«Lasst uns ein Brainstorming machen!» So lautet oft der erste Prozessschritt in Innovations- und Veränderungsprojekten. Das führt dazu, dass Projektteams sich mitten in der Lösungsentwicklung wiederfinden, ohne sich je auf Sinn und Zweck des Projektes geeinigt zu haben.
Folgende Fragen sollten vielmehr den Startpunkt signalisieren: Warum nehmen wir genau dieses Problem in Angriff? Was erhoffen wir uns von einer Lösung der Herausforderung?
Eine tiefgreifende Analysephase – im besten Fall mit einem 360-Grad-Rundumblick – ist in von entscheidender Bedeutung für den Erfolg eines Innovations- und Veränderungsprojektes. In dieser ersten Phase werden die gemeinsamen Ziele festgelegt und Ursachen von bestehenden Herausforderungen klar definiert.
Das fördert nicht nur die Klarheit, sondern auch die Akzeptanz und das Engagement der Beteiligten, senkt Risiken und ermöglicht eine effiziente Ressourcennutzung später im Prozess.
4. Erwartungshaltung klären und Stakeholder einbeziehen
Zu einer tiefgreifenden Analysephase gehört auch, die Erwartungshaltung der Auftraggeber:innen und der Personen im direkten Umfeld des Projektes zu kennen. Sowohl bei Prozessen in bereits bestehenden Organisationen wie auch bei Neugründungen lohnt es sich, diese Personen in den Entwicklungsprozess mit einzubeziehen.
Bei fast jedem Projekt lassen sich Abhängigkeiten von anderen Personen, Abteilungen oder Organisationen finden. Selbst auf der oft bemühten «grünen Wiese» lässt sich nicht im Vakuum planen. Werden Direktbetroffene zu spät oder gar nicht in Projekte einbezogen, entsteht unnötiger Frust und Widerstände können gar das ganze Vorhaben gefährden.
Werden die Interessen und Bedürfnisse dieser Personen hingegen früh im Prozess integriert, lässt sich die Prozesskommunikation vereinfachen und die Verantwortung teilen. Diese Erfahrung machte in der Masterclass auch Anja Wölker, Podcast-Redakteurin bei der FUNKE Mediengruppe: «Die Masterclass vermittelte mir das Grundlagenwissen, um mein Projekt systematisch in einem großen Medienunternehmen umzusetzen.» In ihrem Projekt hat sie den vermittelten Design-Thinking-Ansatz auf die interne Strategieoptimierung des Podcast-Portfolios übertragen und besonders viel Zeit in die Klärung der Erwartungshaltung der internen Stakeholder investiert.
Am einfachsten lassen sich unterschiedliche Positionen und Bedürfnisse der Stakeholder im direkten Gespräch oder mittels Umfragen ausfindig machen. Mithilfe einer Stakeholder Map werden die Prioritäten schneller sichtbar und unterschiedliche Maßnahmen können daraus abgeleitet werden.
5. Bei Ideen ist Quantität wichtiger ist als Qualität
Sind die Bedürfnisse der Nutzer*innen und die Erwartungen des Umfeldes geklärt, lassen sich daraus ein geteiltes Problemverständnis und ein gemeinsamer Standpunkt formulieren. Um diese Einigkeit bei der Problemformulierung herzustellen, eignen sich Tools wie die Persona-Methodik oder das Product Field. Das lässt sich im Übrigen sowohl bei Neugründungen, Entwicklungen von neuen Produkten wie auch bei Prozessveränderungen anwenden.
Dieses Vorgehen hilft, um darauf aufbauend in die Ideenentwicklung einzutauchen. Bei der Entwicklung von Ideen ist die Quantität oft wichtiger als die Qualität – und trotzdem geschieht in Innovationsprozessen oft das Gegenteil: Wir neigen schnell dazu, Ideen zu bewerten und verhindern dabei neue Lösungen.
Erstmal möglichst viele Ideen zu sammeln, ermöglicht aber, diese später weiterentwickeln und miteinander kombinieren zu können. Das führt schließlich zu qualitativ hochwertigeren und originelleren Ergebnissen. Aber wie gelangt man zu unkonventionellen Ideen? Indem man andere Perspektiven in den Entwicklungsprozess integriert und diesen Sichtweisen in Diskussionen Raum gibt. Umso wichtiger ist deshalb auch eine möglichst hohe Diversität des Teilnehmer*innen-Kreises bei solchen Projekten.
6. Fokussieren und priorisieren: Wie Ideen ausgewählt werden können
Sind die Ideen gesammelt, steht ein zweiter wichtiger Moment des Priorisierens an. Wir erinnern uns: Bei der gemeinsamen Problemformulierung mussten wir uns ein erstes Mal fokussieren. Nun geht es darum, Ideen auf unterschiedliche Weise zu priorisieren.
Soll die Nutzer:innen-Perspektive mitbedacht werden? Steht die technologische Machbarkeit im Zentrum? Wie stark spielen finanzielle Ressourcen eine Rolle?
Diese plakativen Fragen zeigen auf, mit welchen unterschiedlichen Perspektiven Ideen bewertet werden können. Der Prozess des Fokussierens und Priorisierens ist entscheidend, um das größte Potenzial für die Organisation ausfindig zu machen. Längst nicht alle Ideen lassen sich umsetzen oder sind zielführend.
Diese Erfahrung machte während der Masterclass 2023 auch das NRW-Lokalfunk-Team mit Ralf Laskowski, Markus Augustiniak und Michael Thuge. Ihre Challenge sah vor, einen täglichen Nachrichten-Podcast zu entwickeln, an dem sich alle Lokalsender im NRW-Lokalfunk beteiligen können: «Die Masterclass half uns, uns auf unsere Ziele inklusive der Zwischensteps, zu fokussieren.»
Ein Prozess zur Priorisierung in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern kann außerdem dazu beitragen, dass die ausgewählten Ideen während der Umsetzung auch auf Akzeptanz stoßen. Ein Punktesystem (Score) kann zudem die Objektivität im Entscheidungsprozess unterstützen. Scoring ist methoden- und produktunabhängig, d.h. Scoring kann angewandt werden, egal wie ein Team zusammenarbeitet oder was es entwickelt.
7. Iteratives Vorgehen: Wenn laufendes Testen zum Lernprozess führt
Sind die Ideen priorisiert, geht es darum, eine testfähige Lösung zu entwickeln. Dabei spricht man häufig vom «minimal überlebensfähigen Produkt/Prozess» (MVP). Um das Überleben eines Produktes zu sichern, braucht es mehr als rein die funktionale Ebene. Deshalb sieht das MVP-Konzept vor, von möglichst allen Eigenschaften eines Angebots oder eines Produktes die wichtigsten herauszupicken: Emotionalität, Nutzwert, Verlässlichkeit und Funktionalität. Minimal überlebensfähig ist die Lösung erst, wenn sämtliche Eigenschaften (zumindest teilweise) eingelöst werden.
Herausfinden können wir das aber erst mit einem Nutzer:innen-Testing. Denn die beste Idee führt nicht automatisch zum Erfolg, wenn diese nicht getestet wird. Der bewusste Einbezug von frühzeitigem Feedback ermöglicht schnelles Lernen und schont sowohl Zeit, Energie als auch Geld. Diese Erfahrung machte auch Michael Mennicken, Gründer und Geschäftsführer der Suppondo GbR und der FM Online Factory, während der Masterclass: «Das Masterclass-Team half mir sehr mit qualifiziertem Feedback und vielen Tipps, um meine Pläne ständig neu zu priorisieren sowie mit zahlreichen Impulsen unterschiedlichster Fachleute, die mich bei der Produktentwicklung unterstützt haben.»
Durch wiederholtes Testen und Anpassen – so genanntes iteratives Vorgehen – können Schwachstellen und Verbesserungspotenziale von Ideen schnell identifiziert und angegangen werden. Dies beschleunigt den Innovationsprozess und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Endprodukte den Bedürfnissen der Nutzer*innen entsprechen.
8. Jede neue Idee ist auch ein Change-Projekt – aber wie gelingt dies?
Vielfach führt erst mehrfaches Scheitern eines Projektes dazu, dass sich Organisationen auch mit der Implementierung von Innovationen und Veränderungen befassen. Jede Neuerung löst nämlich auch Veränderungen an den etablierten Abläufen und Strukturen der Organisation aus. Das kann schnell Missverständnisse und Widerstände provozieren.
Deshalb ist es entscheidend, die Implementation innerhalb der Organisation als wichtigen Schritt eines Innovationsprozesses mitzudenken. Dazu gehört auch, in die Kommunikation und den Einbezug der Mitarbeitenden zu investieren.
In der Media Innovation Masterclass 2023 haben mehrere Projektteams bereits früh im Entwicklungsprozess auf eine breitenwirksame Kommunikation gesetzt. Sarah Uerlichs ist als Head of Digital für die Digitalisierung der Stadtteil-Redaktion des Kölner Stadtanzeigers zuständig. Ihre Challenge sah vor, den Fokus der Berichterstattung zu verändern und auch Workflows umzustellen: «Die größte Herausforderung war dabei, das Team und die Autor:innen auf dieser Reise mitzunehmen und neue Themenschwerpunkte zu setzen, ohne das Printprodukt aus den Augen zu verlieren.»
Hast du eine oder mehrere der beschriebenen Situationen oder Stolpersteine wiedererkannt? Erlebst du Handlungsdruck in deiner Organisation oder möchtest du ein Projekt selbst in Angriff nehmen?
Dann bewirb dich jetzt für die nächste Media Innovation Masterclass.