„Interaktion mit dem Publikum ist kein Selbstzweck“
Das trimediale Konzept Quarta Parete möchte den Austausch mit Zuschauer*innen und Hörer*innen verbessern. Entwickelt haben es der Fernsehsender STUDIO 47, die Jugendredaktion von Radio Duisburg und der Ruhrpodcast. Sascha Devigne, Chefredakteur von STUDIO 47, verrät, was in der Pilot-Sendung zu sehen und zu hören sein wird.
Herr Devigne, Quarta Parete bezeichnet die imaginäre vierte Wand zwischen Publikum und Medium. Was steht Ihrer Erfahrung nach dazwischen?
Sascha Devigne: Viele Medienangebote sind leider nach wie vor nicht so niedrigschwellig, wie man es sich wünschen würde. Die Mediennutzung hat sich durch zahlreiche Player im Online-Bereich stark verändert, die Interaktion mit dem Publikum beschränkt sich jedoch auf ein paar Leserbriefe und Call-Ins in Morning-Sendungen. Sie ist aber kein Selbstzweck, sondern gerade für Journalist*innen im lokalen und regionalen Bereich inhaltlich sehr wichtig. Die redaktionelle Agenda sollte viel stärker auf die Realität der jeweiligen Zielgruppe ausgerichtet sein. Mit Quarta Parete versuchen wir, die Barrieren zu beseitigen.
Weshalb haben Sie das Projekt trimedial angelegt?
Wir sind der festen Überzeugung, dass Fernsehen, Radio und Podcast gerade im lokalen und regionalen Kontext die reichweiten- und meinungsstarken Medien sind. Jede Gattung hat ihre jeweiligen Stärken, die wir nun in einem gemeinsamen Projekt zusammenbringen wollen. Das Ergebnis soll mehr sein als nur die Summe der einzelnen Teile. Das heißt, es geht nicht nur darum die Reichweite zu erhöhen, sondern auch einen besonderen Mehrwert für die Zuschauer*innen und Hörer*innen zu schaffen. Sie sind ein aktiver Part und können unsere Inhalte unmittelbar mitgestalten.
Aus der Projektidee ist nun ein konkretes Format entstanden. Wie sieht das genau aus?
Wir haben ein klassisches Primetime-Format entwickelt, das sowohl im Fernsehen als auch im Radio und als Podcast funktioniert. Es handelt sich um eine einstündige Sendung, die sich einem Schwerpunktthema widmet. Bei unserem Dummy, unserer Pilot-Sendung, haben wir uns für das Thema Nachhaltigkeit ohne Verzicht entschieden. Das wird zwar global diskutiert, findet aber regional statt. Dabei spielen Konsumgewohnheiten der Menschen eine Rolle und ihr Umgang mit Ressourcen. Daher soll die Eintrittsschwelle für die Beteiligung der Leute an der Sendung so niedrig wie möglich sein. Wir wollen kein Bildungsfernsehen machen, sondern ein unterhaltsames Format, bei dem man nützliche Gedanken mitnimmt, aber auch einbringen kann.
Welche Bestandteile wird die Sendung haben?
Das Format darf man sich als eine Art Townhall-Talk vorstellen, der an mehreren Orten stattfindet. Im großen Veranstaltungssaal in der Duisburger Volkshochschule moderieren die jungen Kolleg*innen von der Radio Duisburg Jugendredaktion eine Publikumsveranstaltung, bei der alle mitdiskutieren können. Geplant sind zudem eine Reihe von Aktionen, zum Beispiel ein Restekochen mit dem Szenekoch Stefan Opgen-Rhein aus Oberhausen oder Reparaturen in einem Repaircafé. Die Fäden laufen bei uns in der Sendezentrale zusammen, von hier aus schalten wir zu den anderen Standorten. Der Ruhrpodcast sendet parallel einen Live-Podcast. Alle Projektbeteiligten bespielt innerhalb des Gesamtformats eigenverantwortlich ihren Slot. Am Ende hoffen wir, dass alle bisschen schlauer sind und ein bisschen Spaß hatten. Die Sendung wird auch nach der Ausstrahlung am 18. März um 19 Uhr online on Demand verfügbar sein.
Was waren bisher die größten Herausforderungen?
Das Spannende sind die technischen Schnittstellen zwischen den drei Medien. Wir arbeiten mit unterschiedlichen Broadcasting-Standards, Radio und Fernsehen sind sich dabei am ähnlichsten. Bei Podcasts sind die technischen Hürden deutlich niedriger, daran orientieren wir uns. Man kann sich das vorstellen wie beim Kolonnenfahren: Der Langsamste bestimmt das Tempo. Zugleich wollen wir es möglichst niedrigschwellig gestalten, das heißt wir entwickeln keine neue Technik, sondern nutzen die bestehenden Kanäle gemeinsam. Wir produzieren Quarta Parete als Blaupause, die andere Medienhäuser übernehmen können. Das funktioniert aber nur, wenn keine*r der Beteiligten Angst haben muss, sich zu kannibalisieren. Jedes Medium muss einen Nutzen aus der Kooperation ziehen, vor allem aber muss sie einen Mehrwert für das Publikum bieten.
Was haben Zuhörer*innen davon, wenn sie nur die Tonspur einer Fernsehsendung hören?
Das ist eine der zentralen gestalterischen Fragen: Wie schaffen wir es, die Bildebene so zu transportieren, dass es auch auf der rein auditiven Ebene gut funktionieren kann? Bei einem Talk ist das kein Problem. Aber schon der Anschieber, das kurze Video, zur Einführung in das Thema, muss übersetzt werden. Das gleiche gilt für Aktionen wie etwa das Restekochen. Einerseits gilt die Faustregel: Alles, was man sieht, muss verbalisiert sein. Aber man darf die Fernsehzuschauer*innen auch nicht überfordern. Im Trimedialen sollte man die goldene Mitte treffen, es darf nicht zu viel Verbalisierung sein, aber auch nicht zu wenig. Im Grunde muss man sich vor allem von der eigenen Hybris lösen und sich klar machen, dass es nicht so sehr darauf ankommt, welchen Kanal wir bespielen, sondern dass wir unser Ziel erreichen: Kommunikation herzustellen und die drei Mediengattungen optimal für das Publikum zu nutzen.