Innovation im Lokalradio-Alltag: Mit diesen Hacks gelingt sie
Alle sprechen vom Medienwandel, aber wer hat im Redaktionsalltag Zeit für Innovationen? Dieser Frage gingen Michael Mennicken und Daniel Fiene am Beispiel der Lokalradios in NRW auf dem Audiocamp nach und sammelten Hacks gegen den diagnostizierten Innovationsgap.
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Die gute Nachricht lautet: Radio kommt an. Während sich die Medienwelt rasant wandelt, ist die Hörerschaft von Radiosendern weiterhin stabil geblieben. Das stellte Michael Mennicken von der FM Online Factory bei seiner gemeinsamen Session mit Daniel Fiene von Was mit Medien beim Audiocamp 2021 noch einmal klar. Das Medium habe grundsätzlich eine gute Ausgangsposition, um in der neuen Medienwelt mithalten zu können, denn es biete Möglichkeiten der Interaktion und der direkten Ansprache – beides ist für Publisher und Nutzer*innen essenziell geworden.
Wenig Zeit für Innovation in kleinen Radiosendern
Und dennoch gibt es Diskussions- und Handlungsbedarf. Denn vor allem kleinere, lokale Radiosender stehen angesichts des Medienwandels vor einem großen Problem: „Prozesse und Strukturen stammen häufig aus der Prä-Internet-Zeit“, so Mennicken. Vieles im Programm sei ritualisiert und beständig. Zwar hätten sich bereits Redaktionen vom Terminjournalismus verabschiedet, dafür seien neue Aufgaben hinzugekommen, die Arbeit habe sich verdichtet, zahlreiche Stakeholder hielten die Redaktionen beschäftigt. „Das Ökosystem Lokalradio in NRW ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt,“ so Mennicken. Für Innovation bliebe da kaum Raum und Zeit.
Bei Lokalradiomacher*innen wiederum dominiert das Gefühl, der digitale Wandel finde ohne sie statt. Das hat eine Umfrage von Mennicken und Fiene unter Chefredakteur*innen in NRW ergeben. Sie beklagen fehlendes Personal und fehlende Ressourcen. Die Bereitschaft zur Innovation fehle zwar nicht, aber die Zeit und die Kapazitäten dafür um so mehr.
Was also müsste geschehen, um den Wandel aktiv gestalten zu können?
Dafür sammelten Mennicken und Fiene im zweiten Teil der Session Ideen, Tipps und Anregungen. Und die virtuellen Post-its auf dem Board füllten sich schnell. Stanley Vitte verwies auf die Bedeutung flacher Hierarchien. „Mitarbeiter müssen Ideen einbringen können,“ sagte er. Marcel Tuljus von konsole Labs griff den Gedanken auf und betonte, dass die Transformation auch vor der Rolle der Führungskräfte nicht halt macht. „Man muss Verantwortung übertragen, das motiviert“, sagte er. „Wenn einer sagt, was richtig und was falsch ist, wird das zum Problem.“ Man müsse die Leute mitnehmen, aber auch ihre Meinung respektieren.
Den Ball nahm Timo Fratz gerne auf, schließlich hat er als Chefredakteur von Radio Bielefeld schon einiges in der Redaktionsstruktur umgestellt, etwa die Nachrichtenschichten. „Ich würde gerne viele tolle Ideen meiner Redaktion umsetzen, aber ich habe keine Mittel dafür,“ erklärte er. Eine dieser Ideen, den Live-Audio-Chat #mitreden hat er beispielsweise mit der Redaktion umgesetzt – allerdings nicht ohne Unterstützung von einem Team der Fachhochschule Bielefeld und der Förderung durch das Journalismus Lab. Oftmals scheiterten die kleinen Ideen paradoxerweise genau daran, dass sie klein seien. „Wenn wir Innovation voranbringen wollen, mit den Redaktionen, die wir in NRW haben, müssen wir kleine Schritte gehen“, so lautete sein Resümee.
Eine weitere Idee für solch einen kleinen Schritt brachte Carolin Blefgen ein: Sender könnten ein besseres digitales Archiv- und Wissensmanagement einführen, statt online nur nebenbei zu bestücken. „Das schafft Freiraum für Innovationen“, so Blefgen. Für mehr Entlastung könnten zudem auch Kooperationen mit anderen Sendern sorgen, die nicht in Konkurrenz zum eigenen Lokalsender stehen. Dies regte Marcel Tuljus zum Abschluss noch einmal eindringlich an. Denn eines sei klar: Die monetären Ressourcen würden in den nächsten Jahren nicht wachsen.
An Ideen, wie dennoch Neues entstehen kann, mangelt es zum Glück aber nicht. Das hat die lebendige Diskussion der Session bewiesen. Eine weitere gute Nachricht.