Die Studie „Hinter dem Mikrofon“: Wer macht in Deutschland Podcasts?
Über die Hörerinnen und Hörer gibt es schon Erkenntnisse, nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Bamberg zum ersten Mal auch einen Blick auf die Macherinnen und Macher von Podcasts geworfen. Auf dem Audiocamp stellten sie erste Ergebnisse der dazu bislang größten Studie vor.
Die Ausgangslage für die Medienforschung könnte besser nicht sein: Immer mehr Menschen hören Podcasts, das Angebot nimmt stetig zu, die Relevanz ebenfalls. „Podcasts sind ein Teil der Medienlandschaft und damit der Meinungsbildung geworden“, sagte Kommunikationswissenschaftler Michael Wild von der Universität Bamberg auf dem Audiocamp 2021.
Podcasts seien als öffentliche Kommunikationsräume mittlerweile für die Wissenschaft in mehrerlei Hinsicht interessant. Als Teil des Strukturwandels und als Medium der Digitalisierung befinden sie sich laut Wild noch in der Entstehungsphase und geben spannende Einblicke in verändertes Nutzungsverhalten, neue Arten der Verbreitung und neue Kommunikator*innen. Über Podcastende wusste man bislang nur wenig. Um mehr über die Menschen „hinter dem Mikrofon“ zu erfahren, haben Michael Wild, Vera Katzenberger und Jana Keil die erste und bisher größte Studie zu Podcastenden im deutschsprachigen Raum erstellt.
Wer sind die Podcastenden in Deutschland?
Im Fokus des Interesses standen Alter, Geschlechtszugehörigkeit und Berufe sowie ihre Motivationen und der Grad der Professionalisierung: Welche Qualitätsansprüche haben die Podcastenden an sich selbst und inwieweit verdienen sie mit ihren Angeboten Geld? Auf dem Audiocamp präsentierte das Forschungsteam die ersten Ergebnisse der Studie, weitere werden derzeit noch ausgewertet und später veröffentlicht.
Positiv überrascht war das Team vom hohen Rücklauf ihrer Befragung. „Die Herausforderung bestand anfangs darin, mit den Podcastenden überhaupt ins Gespräch zu kommen,“ berichtete Vera Katzenberger. Zunächst hat das Forschungsteam die Verzeichnisse von Apple Podcast ausgewertet und Algorithmen gestützt Informationen zu 38.000 Podcasts im deutschsprachigen Raum gesammelt. Die Podcastenden waren schließlich im Zeitraum zwischen 9. und 23. Juni dieses Jahres zu der Online-Befragung eingeladen. Knapp 1.100 folgten dem Aufruf.
Nach den ersten Auswertungen ergeben die Antworten folgendes Bild: Podcastende im deutschsprachigen Raum sind mehrheitlich zwischen 19 und 39 Jahre alt – der Jüngste in der Befragung war 15, der Älteste 72. 65 Prozent sind männlich, 33 weiblich, ein Prozent gab bei der Geschlechterzugehörigkeit divers an. Mehrheitlich sind Podcastende der Studie zufolge hochgebildet: Drei von vier haben einen akademischen Hintergrund. In diesem Punkt stimmen die Ergebnisse der Bamberger Studie mit anderen Studien überein. „Der hohe Bildungsgrad von Podcastenden ist kein Ausreißer in unserer Studie“, so Katzenberger.
Fast 50 Prozent der Podcast in Deutschland werden im nicht-kommerziellen Kontext erstellt
Mehr als ein Drittel der Befragten gab an, die Podcasts als Selbstständige*r zur Vermarktung der eigenen Person oder eigener Dienstleistungen zu erstellen. Etwa 20 Prozent der Befragten erstellen die Podcasts im Rahmen des eigenen Jobs, zum Beispiel als angestellter Journalist*in bei einem Medienhaus. Weitere 48 Prozent und damit die Mehrheit der Befragten berichtete, die Podcasts in der eigenen Freizeit als Privatperson und nicht im kommerziellen Kontext zu erstellen. „Die spannende Frage wird hier in der Anschlussforschung sein, wie viele der privaten Podcastenden ihr Hobby in Zukunft monetarisieren werden“, so Katzenberger.
Bei den meisten Produzierenden handelt es sich um Monocaster, das heißt, sie beschränken sich auf einen Podcast. Etwa die Hälfte der Podcastenden erreichte laut eigenen Angaben zwischen 150 und 2.000 Hörer*innen. Gesendet werden die Folgen der Befragten überwiegend wöchentlich (knapp 27 Prozent) oder mehrmals im Monat (gut 30 Prozent). Inhaltlich befassen sie sich mit unterschiedlichsten Bereichen, darunter zum Beispiel Politik, Wissenschaft oder Technologie, oft bearbeiten sie aber auch Nischen- und Special-Interest-Themen. „Hier zeigt sich ein interessanter Gap zwischen den Themenpräferenzen von Hörer*innen und dem Angebot“, sagte Katzenberger. Während Nutzer*innen Podcasts zu Comedy, Nachrichten oder TV- und Filmangeboten bevorzugen, bearbeiten die Podcastenden hingegen gern Gesellschafts-, Kultur- und Bildungsthemen in ihren Formaten.
Diese ersten Ergebnisse der Studie sieht das Bamberger Forschungsteam als Auftakt für weitere Projekte. „Bei den Fragen haben wir uns bewusst an wissenschaftlichen Skalen orientiert, so dass wir mit unseren Ergebnissen Vergleiche zu anderen Studien herstellen können, aber auch zukünftige Studien an unsere anschließen können“, erklärte Katzenberger.
Vielleicht lässt sich dann auch das Rätsel um die One Hit Wonders klären: Podcasts, die nach nur wenigen Folgen wieder eingestellt wurden. Nach ihnen hatte sich ein Teilnehmer während der Studienvorstellung erkundigt. Bislang gibt es dazu leider keine Ergebnisse.