Helene Pawlitzki übers Podcasting von RP Online: „Wir wollen einen etwas anderen Weg gehen“
„Rheinpegel“, „Aufwacher“ oder „Coronavirus in NRW“ sind beliebte Podcast-Formate der Rheinischen Post Online. Wie der Audio- und Podcastbereich bei der RP in Zukunft ausgebaut werden kann, denkt sich Helene Pawlitzki, Leiterin der Abteilungen Audio und Podcast, aus. Beim Audiocamp erzählt sie vom Prozess der Produktentwicklung.
Heute habe ich eine Teilgeberin am Mikrofon. Sie ist Projektleiterin Audio und Podcasts bei der Rheinischen Post. Herzlich willkommen, Helene Pawlitzki!
Teilgeberin, so hat mich ja noch niemand genannt. Cool.
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Ja, so nennt man das tatsächlich bei einem Barcamp, weil das ja so eine Un-Konferenz ist. Also so ein bisschen dem Konferenzgedanken etwas entgegensetzen will; ist nicht oben einer und die anderen hören zu, sondern alle sind auf Augenhöhe und es gibt, und alle geben auch etwas, alle können etwas geben. Und deswegen heißen die Leute so: Teilgeber. Fancy, ne?
Das war heute auch so.
War das heute so? War das bei dir heute auch so?
Eigentlich schon. Fand ich schon, auf jeden Fall. Ich habe aber auch genommen. Ich war auch Teilnehmerin. Ich habe auch genommen.
Sehr gut. Das ist das sinnvoll bei der ganzen Geschichte. Ich finde immer Barcamps, wenn man auf einem Barcamp war, hat man so viel gelernt wie bei keinem anderen Format, außer einem sehr intensiven Workshop vielleicht. Wird auch nicht dein erstes Barcamp heute gewesen sein, denke ich mal?!
Ne, aber mein zweites.
Dein zweites sogar erst? Okay.
Ich war noch nicht so oft bei sowas. So hip bin ich nicht.
Okay, sieht man aber nicht, wenn man in deine dein Werdegang rein schaut, weil du kannst im Prinzip auch alles Mögliche: Film, Audio, Text. Da ist überall ein bisschen was dabei. Jetzt gerade bist du bei der Rheinischen Post. Wie lange schon?
Seit 2016 im Sommer, also in diesem Sommer, werden es vier Jahre werden.
Und war da von Anfang an vorprogrammiert, dass du dann mal Leiterin für Audio und Podcast wirst oder hast du da auch nur mit Text angefangen? Wie war da so deine Genese?
Es war natürlich die ganze Zeit mein geheimer, teuflischer Plan. Aber es hat eine Weile gedauert, bis ich Leuten davon erzählen konnte und er Realität geworden ist. Ich habe angefangen bei der Rheinischen Post als Cross-Media-Redakteurin, also als Online-Redakteurin, die sich in erster Linie darum kümmert, dass die Geschichten, die in der damals noch reinen Zeitungsredaktion entstehen, auch ihren Niederschlag online finden, da auch gut aussehen und hoffentlich auch die eine oder andere multimediale Geschichte entsteht. Und das war schon so ein bisschen mein Fokus und deswegen bin ich auch eingestellt worden, weil ich eben Radio Erfahrung hatte, weil ich im Volontariat beim WDR auch Fernsehen gemacht habe, weil ich ja nicht im Fernsehen gearbeitet habe, aber zum Beispiel Imagefilm mitgemacht habe und weil ich halt auch texten kann, also weil ich das auch gemacht habe.
Und ja, das hat sich dann so ein bisschen dahin entwickelt, dass die Medien bei uns immer mehr zusammengewachsen sind wie ja fast überall glaube ich. Und ich habe relativ früh bei der Rheinischen Post auch angefangen den Audio Bereich mitzumachen, also kurz nachdem ich da angefangen habe, ist der Nachrichtenpodcast „Der Aufwacher“ entstanden. Dort habe ich dann mit moderiert, manchmal. Wir haben ein Düsseldorf Podcast angefangen zu machen. Das war so ein bisschen das Kind von einem Kollegen in der Lokalredaktion und mir zusammen und ist es auch bis heute. Also, es war ein bisschen so, ich bin vom Radio weggegangen, um mir mal online anzugucken, und bin dann relativ schnell wieder bei Audio gelandet. Aber ist ja auch nicht schlimm, ist ja auch ein schönes Medium.
Und ja, ein Audio das ja auch stark im Kommen ist: Wir haben es in den letzten Jahren gesehen. Eigentlich war Podcasts ja schon immer da, aber wuchs immer schön linear und langsam. Und jetzt, in den letzten Jahren, hat es noch mal richtig einen boost bekommen. Spotify hat ja eine eigene Abteilung dafür sozusagen ihre Software geschaffen und pusht einen Bereich mit eigenem Content. Alle anderen machen auch plötzlich richtig viele Podcasts. Der Corona Podcast ist einer der beliebtesten Podcasts ever mit Millionen von Aufrufen, also hätte man vor einigen Jahren vielleicht auch nicht gedacht.
Leider der Corona Podcast vom NDR, nicht der Corona Podcast der Rheinischen Post, der ist auch sehr beliebt, aber nicht ganz so beliebt wie der Drosten Podcast.
Wie viele Podcasts habt ihr eigentlich bei der RP Online?
Es gibt den Nachrichten Podcast jeden Morgen. Wir machen im Moment da noch zwei Spin-Offs von: Einmal den Düsseldorf Podcast, den Düsseldorf Aufwacher, so heißt der, und den Corona Podcast am Nachmittag. Es gibt einen Borussia Mönchengladbach Podcast, einen Düsseldorfer Podcast, wie schon gesagt, einen landespolitischen Podcast. Und es gibt ein Produkt, das heißt Audioartikel. Das läuft auch als Podcast, ist technisch ein Podcast, aber richtet sich nur an unsere, an unsere Abonnenten und ist vom Geschöpf her auch jetzt nicht das gleiche wie viele Podcasts. Also ich würde sagen sechseinhalb kann man – glaube ich – sagen.
Wow. Das muss man ja irgendwie auch mantainen und auch die Qualität hochhalten. Wie groß ist denn das Team, das das alles produziert? Sag jetzt nicht zwei Leute bitte.
Ne, die Realität ist natürlich komplizierter als das. Es gibt nur mich, die sich nur um Podcasts kümmert. Das schon. Und das auch noch nicht sehr lange. Aber ansonsten werden die Podcasts gemacht von Menschen, die auch sonst bei uns journalistisch arbeiten, das heißt die sonst schreiben oder andere Dinge produzieren. Die kümmern sich dann eben auch um ihre Podcasts, das sind auch in vielen Fällen jetzt einfach Projekte von denen, in diesem Fall jetzt was den Düsseldorf Podcast, den Rheinpegel angeht, den mache ich mit meinem Kollegen zusammen, der eigentlich gar nicht sonst im Bereich Multimedia Audio blablabla unterwegs ist, sondern der eigentlich einfach ein sehr guter Kommunalpolitik-Redakteur ist und der aber Lust hatte darauf, diesen Podcast mitzumachen. Das heißt, der gehört natürlich mit zum Team, aber der macht natürlich nicht irgendwie drei Tage die Woche nur diesen Podcast.
Jetzt ist mir es natürlich nicht entgangen, dass bei euch der Daniel Fiene fehlt. Der hat reiß aus genommen, der ist die Hauptstadt geflohen. Wofür man ihn natürlich – jetzt mit Andi vielleicht ein bisschen schneiden – nicht hassen, aber wie kann er nur, uns hier so im Stich lassen? Was soll das? Das hat bei euch sicherlich auch eine Lücke hinterlassen, weil er war ja sicherlich auch eine Rampensau im Podcastbereich, hat auch produziert ohne Ende. Was hat er denn damals gemacht und wer hat das dann ersetzt?
Ja, das ist auf jeden Fall richtig: Daniel hat das Thema Podcast zu uns gebracht und bei uns etabliert. Das kann man wirklich ohne zu lügen sagen und hat das ja, sehr, sehr gut gemacht, weil er relativ schnell – 2016 war das – mehrere Podcast Formate, ich möchte sagen aus dem Boden gestampft hat und da mit relativ geringem Ressourceneinsatz ganz gute Zahlen sofort hervorgerufen hat und so weiter. Das hat echt sehr, sehr gut funktioniert. Und ja klar, das hinterlässt natürlich eine Lücke, wenn so jemand geht, weil das Thema dann erst einmal vakant war und weil natürlich auch Produktionskapazitäten dann wegfielen und so. Und das haben wir dann nach und nach ersetzt. Mussten wir natürlich, weil die Podcasts waren ja da, und die wollen wir auch behalten und pflegen.
Also es ist jetzt nicht so, weil Daniel weg ist, werden es die Podcast wieder eingestampft, sondern ihr habt das bei euch so als festen Teil drin und soll auch bleiben und soll auch wachsen?
Ja, ich würde sogar sagen im Gegenteil, es hat uns nochmal – manchmal ist das ja so, wenn man vor der Frage steht, was machen wir damit, dann wird einem nochmal deutlich, was man daran hat – und ich glaube, an der Stelle ist dem Haus nochmal sehr klar geworden, dass das ganz toll ist, dass wir so früh in das Thema eingestiegen sind – also schon vor vier Jahren – und schon ein Portfolio haben und schon Expertise haben und schon Produktionskapazitäten haben.
Und das ist tatsächlich etwas, wo viele Medienhäuser – das merke ich so im Gespräch mit anderen Kollegen, die etwas ähnliches machen wie ich bei anderen vergleichbaren Häusern – noch gerade erst anfangen. Was auch eine tolle Chance ist, aber auf der anderen Seite stehen sie ja auch vor wahnsinnig vielen Fragen und müssen ganz viel jetzt entscheiden. Und das ist natürlich auch sehr anstrengend. Denn sie steigen in einen Markt ein, der schon sehr, sehr, sehr groß ist und wo schon unfassbar viele Produkte sind. Und da muss man ja erst mal reinkommen und noch eine Nische finden. Also, das ist richtig, richtig schwierig.
Also so gesehen würde ich sage, wir haben uns eher noch mehr für das Thema Podcast interessiert und – was man vielleicht auch nochmal sagen kann – Fiene war ja nicht hauptamtlich Podcast Betreuer, sondern er hat sich im Audioengagement gekümmert eigentlich hauptamtlich und hat Podcasts – was unfassbar ist – so nebenher mal eben auf die Reihe gekriegt. Das ist ganz toll. Und jetzt haben wir halt gesagt, okay, wir messen dem aber die Bedeutung bei, dass wir dafür auch eine eigene Person – nämlich mich – haben, die sich darum kümmert. Weil wir glauben, dass bei allem Hype – wo ich mich auch frage, was dran ist Hype, was daran wird irgendwann wieder nachlassen, was daran ist wirklich nachhaltig, das muss man, glaub ich immer so ein bisschen mitdenken – ist uns aber doch klar, dass es ein Zukunftsmarkt ist und wir da noch lange nicht alles erschlossen haben was da an Potenzial da ist.
Jetzt steckt ihr in einer Situation – in der vorteilhaften Situation – das ihr ja nicht ganz von vorne anfangen müsst, sondern ihr habt schon einige Podcasts, die seit einigen Jahren laufen, auch gut laufen. Und du bist jetzt hier zum Audiocamp eigentlich mit einer Frage gekommen, mit einer Luxusfrage sozusagen. Um was ging es denn da genau?
Es ging um die Frage, was wir machen können, um den Aufwacher, also den täglichen Nachrichten Podcast, noch besser zu machen: Was wir tun können, damit dieser Podcast zu einem wird, bei dem man, wenn man erst mal angefangen hat, ihn zu hören, nicht mehr aufhören will, weil man sagt, der nützt mir wahnsinnig viel, ich höre den so gerne, ich muss den hören, weil meine Kollegen den alle hören und ich mitreden will, sodass ich gar nicht mehr aufhören kann.
Und wie bist du da rein in die Session? Also, wir sind jetzt sozusagen live beim Audiocamp dabei und tauchen so ein bisschen in die Session ein. Was war deine Strategie? Wie hast du das Projekt oder das Problem vorgestellt?
Ich habe relativ schnell festgestellt, dass nicht alle natürlich, die daran teilgenommen haben, den Aufwacher schon kennen und selber schon mal gehört haben. Deswegen habe ich erstmal so ein bisschen erzählt: Was ist das eigentlich für ein Format? Wo kommt das eigentlich her? Seit wann machen wir das? Wie ist das gestrickt? Damit man so eine grobe Vorstellung hat.
Und ich habe dann gesagt, okay, wir wissen, wir sind damit schon sehr erfolgreich, aber wir wollen ganz gerne an die Zahlen eigentlich am liebsten noch eine Null dranhängen. So, kann man ja mal machen, mal gucken, ob das klappt. Aber es ging dann um die Frage: Haben wir haben bestimmte Ziele damit? Wo gehen wir damit hin? Und wie vor allen können wir das erreichen? Das ist der eine Teil gewesen, dass ich mal erzählt habe, was wir machen wollen, um das Produkt besser zu machen: Wir wollen versuchen, einen etwas anderen Weg zu gehen als sonst. Wir wollen nicht so instinktgesteuert und von uns auf andere schließend und gucken, was wir hier noch so rumliegen habend, ein neues Produkt oder ein Relaunch machen, sondern wir wollen wirklich mal nochmal ein bisschen Marktforschung machen und gucken, was sagen denn die Leute, und was können wir daraus ableiten darüber, was es eigentlich noch für eine Nische gibt oder was für eine Innovation eigentlich noch gebraucht wird. Das hat mich einfach interessiert, was sagen die Teilnehmer dieser Session dazu und was erscheint ihnen an diesem Weg logisch, wo würden sie sagen, oh, da könnte man aber noch das und das machen. Weil für mich ist das auch ein neuer Prozess und ich bin super gespannt, wie das klappt.
Und die andere Sache war, ich wollte einfach ganz gerne von den Teilnehmern wissen, wenn die so einen Podcast erfinden dürfte für sich, also den Podcast erfinden dürften auf den sie mega Bock haben und von dem sie sagen, boah, das ist der, der mit in meinem Alltag wirklich weiterhilft und wo ich wirklich Lust drauf habe den zu haben, welcher wäre das dann und was müsste der haben, damit er so ist. Also was wäre eigentlich das Nonplusultra?
Ja, was war denn bisher so das, warum die Hörer den Podcast gehört haben? Was denkst du denn? Was war denn die große Stärke eures Podcasts?
Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich kann da nur drüber mutmaßen. Das ist halt so ein bisschen das Problem im Podcasting. Ich kann dir sagen, wie viele Menschen den hören, ich kann dir auch ein bisschen was darüber sagen, was das für Leute sind – Frauen und Männer.
Wie viele Leute hören euch denn?
Wie viel Leute uns hören? Wir haben so an Downloadzahlen, haben wir so fünfstellig im Monat. Aber für einen Podcast der täglich erscheint ist das natürlich auch nicht so fürchterlich viel. Und wir haben so ein paar demografische Daten von einer Umfrage, die wir mal gemacht haben und von Spotify und so. Also: Was verdienen die Leute? Was für einen Bildungsabschluss haben sie? Keine Ahnung. Was hören die noch für Podcasts? Alles ganz spannend, aber das sagt mir natürlich überhaupt nichts darüber, warum hören Sie diesen Podcast und auch vor allem auch wann hören Sie diesen Podcast und an welcher Stelle steigen Sie aus. Das kann man ja ungefähr wissen und da stelle ich immer wieder fest: Eigentlich sind alle unsere Podcasts relativ gut, also die werden ziemlich weit durchgehört, was mich immer wieder erstaunt, weil wir machen auch teilweise sehr lange Folge – jetzt nicht vom Aufwacher, aber von den anderen wöchentlichen Podcasts, die sind gerne auch mal eine Stunde lang manchmal. Aber warum die den hören und auch in welcher Situation die den hören und was die vor allem wollen. Also was?
Ich habe neulich einen guten Satz gelesen irgendwo: Man muss sich fragen was ist eigentlich der Job für den wir angeheuert werden? Also was ist eigentlich der Job, den die Menschen, die den hören erledigen müssen? So, sie wollen sich unterhalten, sie wollen sich ablenken, sie wollen sich informieren, sie wollen Zeit überbrücken, sie wollen ein bestimmtes Thema wissen, sie wollen keine Ahnung. Was ist eigentlich der Job, den die erledigen müssen, und denen, die dann an uns auslagern. Welchen Job erfüllen wir für die? Ich weiß es nicht.
Das ist die sogenannte Jobs-to-be-done Methode.
Korrekt.
Sehr beliebt in der Produktentwicklung und im Grunde macht ihr das ja auch gerade. Ich habe so das Gefühl ihr tastet euch da so ran und versucht jetzt erst einmal ein bisschen research zu machen und dann zu gucken, ok, wie können wir das Produkt jetzt weiterentwickeln? Habt ihr denn die Zuhörer jemals gefragt? Ich meine man kann ja im Podcast sagen: Liebe Zuhörer, wie fandet ihr das? Schreibt uns an redaktion@rponline.de.
Klar, haben wir. Es gab eine Umfrage, die wir gemacht haben – richtig – wo das auch vorkam und das machen wir natürlich. Jetzt zum Beispiel gerade machen wir den Coronavirus-Podcast und die Frage ist, wie machen wir jetzt eigentlich damit weiter, weil Coronavirus gibt’s natürlich noch und ist Nachrichtenträchtig und so, aber es ist nicht mehr so, dass man jetzt sagen muss, wie es mal vor ein paar Wochen war, so jeden Tag drei Pressekonferenzen von Ministern, über die man berichten kann. Das heißt, irgendwann wird der Punkt kommen, wo die Nachrichten einfach weniger werden und vielleicht auch die Notwendigkeit für so einen Podcast zum Thema Coronavirus nicht mehr so groß ist. Machen wir den weiter? Machen wir den anders weiter? Stellen wir den ein?
Wir haben festgestellt, dass dieser Slot zwischen 17 und 18 Uhr offensichtlich schon irgendwo einen Nerv trifft, denn der läuft ziemlich gut der Podcast und wir wissen jetzt auch nicht so genau, nur wegen Corona oder auch weil es einfach eine gute Zeit ist fürs Podcasthören. Also wir fragen da natürlich schon. Aber ich muss immer wieder sagen, der Rücklauf ist nicht so riesengroß. Also gemessen an der Zahl der Leute, die uns offensichtlich hören, melden sich auf solche Fragen relativ wenig Leute zurück. Und ich glaube, das hat auch was damit zu tun, dass stumpft zu fragen, was wollt ihr eigentlich, eine sehr schwer zu beantwortende Frage ist, denn wenn man mich fragen würde, könnte ich es wahrscheinlich auch nicht sofort sagen und ich bin ja schon sozusagen in dieser Gedankenwelt des Produktdesigns und journalistischen Produkte drin.
Ich glaube, es ist meine Aufgabe und es ist die Aufgabe aller Medienschaffenden, sich dem anzunähern, was eigentlich der Alltag von Menschen ist, die Podcast hören wollen, und dann selber mal einen cleveren Gedanken zu entwickeln, das ist ja eigentlich der Job. Deswegen kann ich mir schon vorstellen, dass die Tatsache, dass wir nicht so viele Antworten auf die Frage, auf die konkrete Frage, was gefällt euch daran, was gefällt euch daran nicht, haben, ist einfach, weil das vielleicht die falsche Frage ist.
Ja, diese Frage sollte man eigentlich nie stellen. Also in der Produktentwicklungen – wenn es jetzt um eine App oder so geht – dann würde man das eher nicht tun, sondern würde eher fragen, wie lebst du, wie sieht dein Alltag aus, und dann verstehen, welche Rolle etwas spielen könnte. Du hast in der Session ein kleines Spiel gemacht. Um was ging es da genau. Du wolltest da etwas herausfinden, glaube ich.
Ja, das hatte ich vorher mit Kollegen gemacht und fand das ganz interessant. Im Moment gehen wir ja noch davon aus, dass wir einen morgendlichen Nachrichten-General-Interest-Podcast produzieren und von dieser Basis ausgehend gucken, was können wir damit machen. Ich hänge nicht an der Uhrzeit, ich hänge nicht an general-interest, ich hänge ein bisschen am Thema Nachrichten, weil ich glaube dann können wir auch was ganz anderes machen, aber das sind natürlich alles Faktoren, die können sich ändern.
Trotzdem wollte ich mal wissen, wenn wir jetzt davon ausgehen, dass das ein Podcast ist, den wir morgens produzieren, für Menschen, die ihnen dann vielleicht auch morgens hören nach Möglichkeit, was ist das eigentlich für eine Situation, in der sie diesen Podcast antreffen. Und deswegen habe ich die Teilnehmer gebeten, ihre Kameras auszuschalten, ihre Mikrofone auch und sich einfach mal kurz – und ich glaube die Übung war vielleicht vier Minuten lang – sich ein paar Fragen anzuhören und sich gedanklich in ihren Morgen zu begeben und da mal so durch zu wandern und zu gucken: Wenn ich daran mich erinnere, wie morgens das ist, was sind eigentlich die Dinge für mich? Was höre ich? Was sehe ich? Was fühle ich? Wer ist da noch? Was interessiert mich? Was habe ich für Bedürfnisse? Das ersetzt sicherlich nicht eine Beobachtung oder sowas, aber ich fand es mal ganz interessant, weil wir bei der ersten Runde gemerkt haben, dass wir ganz viele Dinge über unseren Morgen gelernt haben, die uns ziemlich überrascht haben.
Und gab’s da coole Sachen, die du erzählen kannst. Haben die dann erzählt? Oder war das einfach nur so eine Übung?
Ne, ich muss sagen, es war ein bisschen weniger jetzt in der Session. Als ich das mit meinen Kollegen gemacht habe, kam da tatsächlich ein bisschen mehr. Ich gucke mal ganz kurz in meine schlaue Liste, weil ich mir auch ein paar Sachen aufgeschrieben habe, natürlich.
Blätter-Geräusche im Podcast, sehr gut.
Ja genau, das Holz ist immer noch da. Also, was ich schon spannend fand, war einfach, dass es scheinbar zwei Menschentypen gibt: Die einen haben so das Gefühl, sie möchten eigentlich ganz gerne den Tag beginnen nicht mit Nachrichten, sondern sie versuchen das soweit, also sie haben da gar kein Bedürfnis nach nur zu sagen, ich will jetzt wissen, was in der Welt passiert ist, die starten nicht in den Morgen mit der Frage, oh was ist da draußen los, sondern allerhöchstens mit, was haben so meine Freunde gemacht, und gucken sich dann vielleicht ihren Instagram-Newsfeed an oder irgend so etwas. Aber auch eher nicht. Die sagen irgendwie so, ich muss in den Tag so ein bisschen geschubst werden und bin da eigentlich sehr bei mir, bei meiner To-do-Liste, bei meinem „Was muss ich heute alles machen“, was bringt der Tag, wo muss ich wann sein und was kommt auf mich zu.
Die andere scheint ein Typ zu sein, der sich sehr intensiv mit Nachrichten auseinandersetzt, also der relativ schnell und früh zum Handy greift und dann wissen will, was hat sich getan, was hat sich in den sozialen Netzwerken getan und was hat sich in der Welt getan, was berichten die Nachrichtenportale. Das fand ich schon mal interessant. Ich will da jetzt nicht daraus schließen, dass es nur diese beiden Typen gibt. Aber das scheint schon mal ein großer Unterschied zu sein.
Und dann ist wahrscheinlich wirklich auch noch die Frage, in welcher Situation sind die Menschen, was müssen die eigentlich alles machen. Also ich glaube, dass sich die Welt für einen Single sehr, sehr unterscheidet von dem Morgen eines Familienvaters zum Beispiel. Oder jemand, der gar nicht zur Arbeit gehen muss, weil er zum Beispiel schon in Rente ist oder so, der hat natürlich einen ganz anderen Morgen als jemand, der weiß, ich habe heute 46 Termine und ich muss vorher noch den Abwasch erledigen.
Und dann sind Podcasthörer ja meist auch Leute, die irgendwie auf dem Weg sind. Ein Teil der Leute, die Podcast hören wollen, sind irgendwie in der Bahn unterwegs und pendeln zur Arbeit. Wie soll es denn bei euch jetzt weitergehen? Bei der RP ONLINE? Was sind so die nächsten Pläne mit den Podcasts? Habt ihr Experimente vor?
Also auf jeden Fall ist natürlich jetzt erst einmal überhaupt der Anfang dieses ganzen Prozesses mit dem Aufwacher: Wir machen jetzt – ob klein oder groß – auf jeden Fall ein bisschen, gucken uns genau an, was machen eigentlich die den hören, was machen eigentlich Menschen, die den nicht hören, was brauchen wir eigentlich. Und dann folgt Brainstorming und Produktentwicklungen blablabla. Das wird uns sicherlich noch eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Ich denke, dass die Erkenntnisse daraus auch ein Stück weit auf die anderen Podcasts Einfluss haben werden.
Und bei den anderen Podcasts ist es eigentlich so wie mit dem Aufmacher, wir sind zufrieden, wie die laufen – gemessen auch an dem, was wir da bisher reingesteckt haben – aber wir wollen ganz gerne da nochmal einen Schritt weitergehen und mehr dafür machen, dass mehr Menschen die kennen und da sind glaube ich sehr unterschiedliche Dinge gefragt: Also, wir haben jetzt neulich nochmal eine kleine Mini – sehr quick und dirty – Umfrage gemacht unter Menschen, die unsere Produkte nutzen, also Rheinische Post, also RP ONLINE und E-Paper. Und wir haben festgestellt, dass von denen, selbst obwohl wir gefragt haben, so ziemlich in einem Audio-Umfeld, also so in ungefährer virtueller Nähe des Audioangebots, stellte sich heraus, dass nicht fürchterlich viele Menschen wissen, dass wir überhaupt Podcast machen und gar nicht so viele Menschen diese Podcasts hören.
Und das bedeutet auf der einen Seite, wir haben ein wahnsinniges Potenzial alleine schon unter unseren Nutzern die wir schon haben. Wir müssen uns echt darum bemühen, die Podcasts denen sichtbarer zu machen, offensichtlich wissen die nicht einmal, dass die existieren, was komisch ist, weil wir präsentieren die natürlich bei RP Online, aber vielleicht nicht auf die richtige Weise und wir arbeiten an verschiedenen technischen Lösungen, damit das schöner und besser und professioneller und einfacher zu benutzen ist.
Genau. Und dann ist noch die Frage so, was gibt’s eigentlich noch für Gruppen, die wir ansprechen können. Denn für uns ist natürlich auch immer interessant, mit Podcasts Leute anzusprechen, die noch gar nichts mit der Rheinischen Post zu tun haben. Und ich glaube da gibt es auch noch ein großes Potenzial und da müssen wir einfach gucken, wie weit kommen wir mit den Bordmitteln, die wir haben. Ein Ding, das mich immer sehr umtreibt, ist die Tatsache, dass wir natürlich in einem Markt uns bewegen, wo gerade nicht journalistische Podcasts wahnsinnige Aufmerksamkeit bekommen und die eigentlichen wirklich großen Killer sind und dagegen anzustinken mit einem journalistischen Produkt, was nicht auf wahnsinnige Unterhaltsamkeit angelegt ist, das ist immer interessant, finde ich. Also die Frage, wie unterhaltsam müssen unsere Podcasts eigentlich sein, damit sie überhaupt bestehen können, wie unterhaltsam dürfen sie sein, damit sie noch journalistisch sind und ja, gibt’s da überhaupt eine Chance, eine Reichweite zu erreichen, die für Werbekunden relevant und interessant ist. Das ist für mich jetzt im Moment interessant.
Ich meine, wenn man mal so Richtung „Zeit Online“ schaut, die haben ja auch ein riesengroßes Podcast Angebot, da haben die natürlich ein so ein Zugpferd, das ist der „Unendliche Podcast“, wo sie sich Superstars einladen.
„Alles gesagt?“, ne?
Genau, „Alles gesagt?“. Und das zieht natürlich ohne Ende. Ich glaube, nur wenige Prozente ziehen das tatsächlich bis zum Schluss durch und nur die Hardcore-Fans hören sich das bis zum Ende an. Aber ich glaube, das ist so eine Idee, die die hatten, die einfach wirkt. Sie ist halt sehr, sehr sichtbar und durch die Stars, die da drin sitzen – also durch die Leute, die da drin hocken – werden natürlich auch durch die beiden Chefredakteure, durch das Format selber… Sowas habt ihr natürlich jetzt auch noch nicht. Ihr wart sehr funktional, sehr pragmatisch und journalistisch – was gut ist – aber ich glaube, wenn ihr dann …
Wir sind.
Ja, auf jeden Fall.
Absolut, du hast vollkommen recht. Was ich auch noch dringend sagen muss, was ich vorhin nicht gesagt habe, ist, dieser ganze ausgeklügelte Produktentwicklungsprozess – der sich an ganz viel schlauen Menschen aus Marketing und Design orientiert – ich lese mir das immer durch und ich denke mir, das ist auch toll, dass man das so systematisch machen kann. Es ist vollkommen überhaupt gar nicht meine normale Herangehensweise. Normalerweise habe ich beim Autofahren oder unter der Dusche irgendein Geistesblitz, den ich dann für die genialste Idee aller Zeiten halte und denke, das müssen wir unbedingt machen, und dann kann ja nichts anderes mehr denken und hab dann schon im Kopf das fertige Konzept, bevor ich überhaupt einmal mit irgendjemandem darüber geredet habe ob es vielleicht eine gute oder schlechte Idee sein könnte. Also, das ist ganz neu für mich.
Ich glaube aber natürlich, man muss aufpassen, dass man in diesem ganzen durchgestylten Prozess nicht vergisst, dass eine gute Idee und ein beknackter Fehler, den man macht, der dann aber sich als genial herausstellt, viel wertvoller ist als ja … Natürlich stimmt es, was man immer sagt: Kreativität ist 99% perspiration, 1 % inspiration. Man muss auch hart arbeiten, um eine geile Idee zu haben, die dann wirklich marktreif werden kann. Aber auf der anderen Seite musst du die ein Prozent halt auch haben und dafür musst du auch einfach mal vom Prozess abrücken und die wirklich, wirklich tollen Innovationen sind natürlich die, an die keiner vorher geglaubt hat und wo alle gesagt haben: Du spinnst doch, das kann doch gar nicht funktionieren, das sagt uns alle Marktforschung, dass das nicht geht. Und die dann aber doch funktioniert haben.
Ich glaube, es ist Zeit…
Entschuldige bitte. Dieser Podcast „Alles gesagt?“ ist ein super Beispiel dafür, weil, wenn ich irgendwo mal hingehen will, sagen würde, hey lass uns mal einen Podcast machen der keine Länge hat, der erst aufhört, wenn alles gesagt ist und das können auch acht Stunden sein, dann würden mich alle angucken und sagen: Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank, das will kein Mensch hören und das will auch niemand bezahlen.
Das stimmt genau. Aber was ich total spannend finde ist, dass ihr praktisch in der Situation seid, wo ihr vielleicht beides machen müsst: Also ihr habt Produkte, die sind im Prinzip schon etabliert, ihr wollt jetzt aber noch weiter nach vorne bringen, ihr wollt irgendwo eine Art Groth-Strategie anbringen, ihr wollt die noch optimieren. Da könnt ihr im Prinzip hier das ganze Repertoire der Produktentwicklung dran abarbeiten. Also AB-Tests machen, ihr könnt gucken, wie können wir die noch besser auf der Seite platzieren, ihr könnt unterschiedliche Themen ausprobieren, ihr könnt Uhrzeiten ausprobieren und so weiter und so fort. Da kann man jetzt so ein bisschen ran und einfach rum optimieren, sage ich mal ja, und dann gibt es die andere Seite: Neue Dinge machen. Ihr habt so einen Slot zwischen 17 bis 18 Uhr – im Grunde ist das ja der Wissenschaftsslot vielleicht – da habt ihr ein bisschen Corona Podcast gehabt und habt gemerkt, cool, da können wir vielleicht ähnliche Themen platzieren. Ja, let’s try it. Man muss da auch nicht rational irgendwie ein neues Produkt erst entwickeln, sondern testen. Also schnell, quick and dirty ein Produkt machen, kleine NVP raushauen, gucken, wie die Leute reagieren und dann vielleicht auch schnell wieder absetzen, wenn man merkt, klappt nicht so. Also zwei verschiedene Dinge.
Aber wie würdest du das mit dem Podcast machen? Weil Podcasts – muss man ja auch einfach sagen – wächst ja nicht von heute auf morgen in der Regel so, sondern man muss ja erstmal ein paar Episoden machen und vielleicht eine Weile dafür Promo machen, bevor die Leute drauf kommen. Verträgt sich das mit quick and dirty?
Das eine sehr gute Frage auf die ich keine Antwort habe.
Schade, schade. Das hätte mich jetzt interessiert.
Ich weiß nicht. Dieses klassische Testing: Ich werfe mal ein Produkt auf den Markt und bekomme response drauf, das klappt natürlich nicht ganz so. Ich glaube, beim Podcast könnte man so etwas machen, wie sich gegenseitig zu empfehlen: Wir haben einen neuen Podcast, schaue doch mal drauf. Man kann die natürlich schon auch ein bisschen anders pushen und dann gucken, wie wie wirkt der. Ich glaube, das Learning wäre da. Also man kann die Podcasts untereinander erstmal nicht vergleichen, den Alten mit den Neuen. Aber ich glaube, was man tun kann, ist, wenn man mehrere Podcast schon mal so gelauncht hat, bekommt man da viel Gefühl dafür, wie so die Anfangs-Response ist. Und wenn dann mal einer dabei ist, der viel krasser respondet, dann ist es der. Dann weiß man vielleicht, der hat besser funktioniert als die anderen. Man muss sozusagen erst mal kennenlernen, wie das ist, also welche response bekommt man sozusagen, wenn man zum ersten Mal einen neuen Podcast launcht. Und dann kannst du natürlich, wenn du mehrere Podcast launchst, verstehst du natürlich, wie unterschiedlich die Reaktionen darauf sind und kannst das dann bewerten. So könnte man es leicht machen. Gut. Helene, was haben wir denn alles, was in deiner Session hier beim Audiocamp Podcast vorkam, abgedeckt? Oder wie war das denn für dich hier beim Audiocamp?
Ich hoffe, dass wir alles abgedeckt haben. Ich habe gerade mit Schrecken auf die Uhr geguckt und festgestellt, dass in 20 Minuten mein Zug fährt. Also ich muss jetzt ganz, ganz schnell weg. Aber ich glaube schon das wir es haben. Für mich war es total interessant. Ich fand es cool, dass so viele Leute mitgemacht haben. Es waren super unterschiedliche Leute dabei, das hat mir sehr gut gefallen. Und die Stimmung war unglaublich nett, was ja nicht selbstverständlich ist, wenn es im virtuellen Raum stattfindet, auch nicht, wenn es nicht im virtuellen Raum stattfindet. Aber das fand ich wirklich cool, dass relativ schnell so eine sehr gemütliche, nette Atmosphäre aufgekommen ist.
Wenn man dich noch kontaktieren will, wie geht das?
Auf verschiedensten Wegen. Gerne per Mail helene.pawlitzki@rheinischepost.de. Ihr könnt mich auch antwittern @HelenePawlitzki.
Super, das war Helene Pawlitzki, die Projektleiterin Audio und Podcast der Rheinischen Post, hier beim Audiocamp Podcast. Vielen Dank, dass ihr zugehört habe und wir hören uns bei der nächsten Episode wieder.