Podcast im Lokalen: lokale Audioformate im Internet boomen
Podcasts sind wieder angesagt, und der Trend setzt sich offenbar auch im Lokalen fort: Podcaster sind nicht nur in Düsseldorf erfolgreich, sondern auch in Köln und anderswo. Produzenten klassischer Audio-Produktionen haben zwar einen kleinen Wissensvorsprung, aber dank geringer Hürden wagen auch immer mehr Neulinge den Einstieg in die Welt des Podcastings.
Die Rheinische Post macht’s vor: Podcasts im Lokalen funktionieren. Dafür steht die Onlineredaktion allerdings früh auf: „Zwischen und fünf und sieben Uhr am Morgen produzieren wir unseren Aufwacher-Podcast“ , sagt Daniel Fiene, Onlineredakteur und Digitalexperte. Podcasts, das sind Audiosendungen zu einem bestimmten Thema.
Der wochentags produzierte Aufwacher zum Beispiel geht auf die Themen ein, die in der Nacht wichtig wurden. Dazu gehören internationale Themen, aber vor allem regionale Themen, die auch die Leser der Rheinischen Post interessieren. Mit Audio erreicht Daniel Fiene mit seinem Team allerdings eher die Jüngeren: „Audio ist der Text der mobilen Generation“, sagt er. Denn moderne Smartphones und günstige Datentarife machten es möglich, dass man unterwegs nicht mehr nur lesen kann, sondern eben auch Audioinhalte aus dem Netz hört – zum Beispiel im Auto oder beim Gehen. 15.000 Hörer empfangen den Podcast jeden Morgen, 8000 hören ihn via WhatsApp.
Mit Werbung finanziert
Die Redaktion hat gleich mehrere thematische Audiosendungen im Angebot: „Rheinpegel“ heißt das Angebot mit Düsseldorfthemen, „Gutes Leben“ ist ein weiterer Podcast mit selbsterklärendem Namen, „Fohlenfutter“ richtet sich an Fußballfans von Borussia Mönchengladbach.
Der Aufwand lohne sich, denn: „Podcast hat gegenüber anderen Digitalformaten einen großen Vorteil“, sagt Fiene. „Wir können ihn vermarkten“. Eingebaute Werbung spült also Geld in die Kasse. Die Investitionen dafür waren eher gering: Die Online-Redaktion hat kein spezielles Hörfunkstudio, aber Podcasting-Headsets, einen Rechner, um daran mit der Software Audacity zu schneiden und Aufnahmegeräte.
Als Konkurrenz zu den Lokalsendern versteht sich die Podcastredaktion allerdings nicht: „Lokalradio geht viel spitzer und tiefer in die Themen rein. Wir sind vielmehr so etwas wie die digitale Ergänzung mit dem typischen Blick der Rheinischen Post“, so Daniel Fiene.
Podcast mit Kölnern
Malte Knuth hat mit Fenster zum Hof einen ganz anderen Ansatz. „Mein Podcast ist ein Liebhaberprojekt“, sagt der Radiofan. An der Audiosendung übers Internet locken ihn zwei Dinge: Erstens gibt es keine zeitliche Begrenzung für seine Beiträge, und zweitens trifft er die Auswahl seiner Podcast-Gäste vollkommen unabhängig. Das führt themenspezifisch zu großer Neugier und Identifikation auf Hörerseite. Sein Konzept: Er unterhält sich mit Kölnern, „und zwar so lange wie das Gespräch trägt“, sagt Knuth, der früher als Journalist gearbeitet hat und heute Werbetexter ist. Das Ergebnis interessiert pro Folge immerhin 400 bis 800 Personen.
Aus den Fenster zum Hof-Gesprächen werden Porträts von ganz unterschiedlichen Menschen aus der Domstadt: ein DJ, eine Pornoheft-Verlegerin, ein Kaffeeröster – Malte Knuth stellt Kölner vor, denen jeder täglich auf der Straße begegnet, ohne zu wissen, wie spannend ihre Geschichte ist. Sein Aufwand dafür ist hoch: Er fährt zum Gesprächspartner, man redet manchmal mehrere Stunden, dann schneidet er die Audiospur. Außerdem braucht jede Folge Fotos sowie Texte für die Homepage und die sozialen Medien – „alles in allem sitze ich bis zu zehn Stunden an einer Podcastfolge“.
Mit seinem Rekorder kann er bis zu sechs Tonspuren beziehungsweise Leute gleichzeitig aufnehmen, und deren Redebeiträge im Nachhinein einzeln bearbeiten. „Das hat den Vorteil, dass beispielsweise ein Hustenanfall eines Gesprächspartners nicht die gesamte Aufnahme verdirbt“, sagt Knuth. Gekostet hat ihn der Audiorecorder mit den Headsets und der Schnittsoftware Reaper rund 800 Euro. „Nach oben gibt es keine Grenzen“, so Malte Knuth.
So gelingt der Podcast-Einstieg
Das bestätigt Thorsten Runte. Der Podcast-Coach macht selbst seit 14 Jahren Audio im Internet und hat „Kisten voll mit Hardware“, wie er selbst sagt. Zwar könne man recht günstig einsteigen mit einem mp3-Recorder für 100 bis etwa 400 Euro und einem Mikrophon – „aber wenn man lange dabei ist, will man immer besser werden, und dann kommt eine teurere technische Ausstattung automatisch“.
Runte ist auch Mitgründer des Podcastvereins. Dessen Ziel ist es, Menschen dabei zu helfen, selbst Podcasts zu erstellen. Dazu bietet der Verein jeden Dienstag in Essen eine Sprechstunde an und: „Wir saßen da noch nie alleine“, sagt Runte. Es kommen Studierende vorbei, ein Steinmetz war schon einmal da, Printjournalisten, die auch Audio machen wollen, und sogar eine Oma, die für ihre Enkeltochter via Audio einen Strickanleitung anfertigte. „Wir unterstützen bei der Technik, verleihen die entsprechenden Geräte und helfen mit der Sprache“, sagt Thorsten Runte. „Bei Audio kann man beispielsweise nicht ‚Auf Wiedersehen’ sagen. Das ist ein typischer Anfängerfehler“. Geld verlangt der Verein für seine Arbeit übrigens nicht.
Wer bisher keine Audio-Erfahrung hat, sollte seine Geschichte mit seinem Smartphone fünf bis zehn Minuten lang aufnehmen, rät Runte. „Das Aufgenommene hört man sich dann nach 24 Stunden nochmals an. Man lernt schnell aus seinen Fehlern“, sagt der Podcastfachmann. Dann nimmt man wieder einige Minuten auf, die man sich am nächsten Tag anhört – „und irgendwann wird das ganz natürlich und gut klingen.“ Wer dann tiefer einsteigen will, kann bei Podigee ab sechs Euro im Monat Webspace für die Audiodateien mieten, Podcaster ist mit einem Euro im Monat (Stand 5/2018) noch günstiger.
Der Podcastverein vergibt übrigens auch 2019 wieder den von den Hörern bestimmten Podcastpreis. Die Nominierungsphase startet im Herbst. Es bleibt also noch ein wenig Zeit, dabei zu sein, wenn man jetzt sofort in das Thema einsteigt.